[ultimate_carousel slide_to_scroll=”single” slides_on_desk=”1″ slides_on_tabs=”1″ slides_on_mob=”1″ speed=”500″ autoplay_speed=”6000″ el_class=”orvis-carousel” item_space=”0″]
[/ultimate_carousel]

ORVIS Superfine Glass – Oldschool oder moderne Rute?

Als ich vor Jahrzehnten meine erste Fliegenrute kaufte, besaß sie zeitgemäß ganz selbstverständlich einen Blank aus Glasfaser. Doch schon bald rückten die neuen Kohlefasermodelle ins Licht und weckten mit teils schnelleren Aktionen und besonders geringem Gewicht einige Begehrlichkeit. Kein Wunder, dass ich bald auf Carbon umstellte. Danach vergingen Jahrzehnte, bis wieder Glasfaser-Fliegenruten wirklich namhafter Unternehmen auf den Markt kamen.

Äschen bilden eine Paradedisziplin für die Orvis-Glasfaserruten.

Dadurch angeregt zog ich vor wenigen Monaten meine alte Glasfaser aus dem Futteral und stellte fest, dass die Aktion eigentlich gar nicht so weich war, wie ich vermutet hätte. Und eine moderne Rute müsste hier doch eigentlich eine Weiterentwicklung erfahren haben, so der Gedanke. Sachte, präzise Präsentation der Fliege, besonders gute Dämpfungs-Eigenschaften und doch ordentlich Rückgrat – so stellte ich mir das für den Einsatz feiner Vorfächer und Reserven im Drill vor, insbesondere beim Trockenfischen.
Meine Wahl fiel schließlich auf die neue dreiteilige Orvis »Superfine Glass« in Schnurklasse 3 bei 7 Fuß beziehungsweise 210 Zentimeter Länge. Passend dazu wählte ich die Orvis »CFO II«, wie die Rute made in USA, auf die ich eine WF 3 F der Orvis »Hydros Superfine«-Schnurserie spulte. Ein gezogenes Vorfach mit 0,12er Spitze komplettierte das Setup. Der erste Test sollte im Oktober beim Äschenfischen in Oberösterreich an der Mühlheimer Ache stattfinden, genaugenommen an der Strecke des Hotel Forstinger.
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden


Beim Montieren bereitet mir die Rute einige Freude. Ursache ist das zum Rutenblank passende, hochwertig gestaltete Rutenrohr samt optisch ebenfalls ansprechendem Futteral. Alles in dezenten Farben, wie ich es generell mag. Das gilt genauso für die Rute: Schlichter, hell olivfarbener Blank, braune Ringwicklungen, Einhängeöse, reversed Half-Wells-Korkgriff von sehr guter Qualität und ein nach oben schließender Rollenhalter: Unauffällig und auf das Wesentliche begrenzt – schön! Vom Gewicht her ist sie nur einen Tick schwerer als eine Graphitrute, was in der Praxis keine ernsthafte Bedeutung besitzt.
Bei den ersten Probewürfen zeigt sich, dass sich die Rute in der oberen Hälfte vergleichsweise geschmeidig, »weich« wäre das falsche Wort, präsentiert, jedoch ohne wabbelig zu wirken. Die untere Hälfte besitzt deutliche Kraftreserven, also insgesamt eine recht straffe Abstimmung. Als Carbonwerfer muss ich mich vor allem beim Timing schon etwas umstellen und der Schnur mehr Flugzeit einräumen. Aber nach etwa einer halben Stunde harmonieren Rute und Wurftechnik bereits ganz ordentlich. 15 Meter Distanz lassen sich schließlich gut bewältigen, wobei das Einsatzgebiet der 3er Glass sicherlich in etwas kürzeren Schnurlängen liegt. Trotzdem ist diese Rute nicht nur für den Bach eine passende Wahl, sondern auch für kleinere bis mittelgroße Flüsse.
Für den ersten Praxisversuch stehe ich schräg unterhalb einer vielleicht nur zwei Meter breiten Rinne, die von einer Kiesbank vom eigentlichen Fluss getrennt wird. Da keine steigenden Fische auszumachen sind, fällt meine Wahl auf einen 16er »Killer Bug« – etwas ohne Goldkopf macht zu fortgeschrittener Saison häufig Sinn, da die Fische reichlich Goldköpfe gesehen haben.
Zunächst steigt am Übergang zum breiteren Wasser eine Bachforelle im Jugendalter ein – naja, immerhin geht etwas. Über die nächsten Würfe arbeitete ich mich weiter in die Rinne hinein. Schließlich setzte ich die Fliege wenige Zentimeter vor einem überhängenden Zweig auf, wobei die Möglichkeiten der Rute zu sehr genauen Würfen schätzte. Nach etwa zwei Metern Drift bleibt die Schnurspitze stehen: Anhieb, Kontakt. Jetzt verbeugt sich die Orvis schon tiefer und kurz darauf halte ich eine Äsche von etwa 32 Zentimetern in der Hand. Wow, mit der Rute hatte der Fisch richtig was hergemacht, ohne dass die Superfine irgendwie schwächlich wirkte.

Eine 40-Zentimeter-Forelle kann sich absolut sehen lassen.

Nachdem die kurze Rinne nichts mehr hergibt, gehe ich weiter stromauf an den Auslauf eines vielleicht einen Meter tiefen Gumpens. Hier kann ich noch eine kleinere Äsche fangen, bevor sich nach einem Biss massiver Widerstand am Haken meldet. Eine Regenbogenforelle ist eingestiegen, welche die Rute zu einer sehr beachtlichen Verbeugung zwingt. Holla, bei einer Flucht nimmt der Fisch sogar einmal kurz Schnur von der CFO. Genau 40 Zentimeter zeigt das Maßband schließlich.
Es ist der Tag der Nymphe, da sich mit der Trockenfliege auch kein Fisch zum Steigen provozieren lässt. Nach weiteren Fischen fahre ich am späteren Nachmittag an die Antiesen, ein weiteres Forstinger-Revier. Unter einem Wehr gibt es hier stromauf gesehen rechts einen tiefen Turbinenauslauf, in dem eine leichte Fliege ganz klar fehl am Platz wäre. Also setze ich auf ein schweres Geschoss mit einem 3,6 Millimeter großen Wolfram-Kopf – ohne Frage Heavy metal in Reinkultur.

Die Superfine Glass im Stress-Test.

Hm, ob die 3er Glasfaser das packt? Aber hallo, damit gibt es kein wirkliches Problem. Mit einem Wurf von vielleicht acht oder neuen Metern schicke ich die Nymphe ins strudelnde Wasser. Drift ausgefischt und noch einmal rein – Biss, Rute hoch, massiver Widerstand. Im turbulenten Wasser versucht eine offenbar gute Forelle energisch auf der Stelle kämpfend den Haken abzuschütteln. Als das nicht funktioniert, schießt sie quer durch den vielleicht 15 Meter breiten Wehrgumpen, wobei die CFO in höchsten Tönen aufkreischt und in mir eine gewisse Angst vor Schnurbruch aufsteigt. Unbegründet, denn die Superfine Glass puffert die Schläge des Fischs nach wie vor sauber ab und schützt somit die Vorfachspitze.

12er Vorfach, 50er Forelle, nicht unbedingt ein Widerspruch.

Zwar bringe ich den Fisch wieder ein gutes Stück heran, jedoch geht es mit einer Flucht viel schneller wieder zurück und von dort aus in in den etwa vier Meter breiten, tiefen Ablauf, der sich nach knapp 10 Metern zum eigentlichen Fluss verbreitert. Ich laufe dem Fisch mit raschen Schritten auf der Kiesbank hinterher, kann ihn stoppen und endlich zum Ufer dirigieren.
Mit 50 Zentimeter Länge liefert die herrliche, starke Regenbogenforelle endgültig den Beweis, dass die Rute selbst beim Fischen mit sehr feinen Vorfächern auch große Gegner bezwingen kann. Von wegen Oldschool – es ist eine moderne Rute mit einem überraschend weiten Einsatzspektrum, mit der man eine Carbonrute nicht wirklich vermisst.
Frank Weissert
www.angelbuch.de

Ähnliche Beiträge

Menü